Streng geheim!
Es war damals, so um 1693 oder 94, genau kann ich es nicht mehr sagen, weil nach einem Wassereinbruch die Aufzeichnung feucht geworden und die Tinte verlaufen ist. Wir waren auf der »Old Mimi« auf der Heimreise von Bamburi nach Hamburg. Bamburi ist ein kleiner Kral an der westafrikanischen Küste mit wunderschönen Frauen. Um gegen den NO-Passat anzukommen, mussten wir weit nach NW ausholen und kamen so bei 8 GradNord und 40 Grad West in eine Flaute. Es bewegte sich nichts mehr. In der 7. Woche wurde der Proviant deutlich weniger. Der Rest hatte bei Temperaturen von 28 bis 32 Grad einen gewissen Reifeprozess durchgemacht und musste nun täglich mittels Fleischwolf und Gewürzen genießbar gemacht werden. Das war die Geburtsstunde des Labskaus – noch heute von jedem Fahrensmann gefürchtet, zumindest solange er vor dem Mast fährt. Später, hinter dem Mast und an Land in gehobener Stellung einer Reederei oder einer maritimen Behörde bzw. Organisation, bekommt das Gericht dann plötzlich einen Glorienschein und alle denken an die schöne Zeit zurück. Und mir geht es da nicht anders.
Nun aber zum Rezept
Ähnlichkeiten mit den rund 289 anderen Rezepten sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch schälen und klein schneiden. An dieser Arbeit sollten alle beteiligt sein, denn nur wer an der »Zeugung« beteiligt war, hat auch hinterher eine besondere innere Beziehung zum fertigen Produkt.
Die Kartoffeln mit den Zwiebeln und dem Knoblauch in ein wenig Salzwasser zum Kochen bringen. Nach ca. 10 Minuten das Cornedbeef untermischen und weitere 10 bis 15 Minuten köcheln lassen. Nun alles zusammen mit ein wenig Milch, Sahne und/oder Butter zu Labskaus verwandeln, d. h. stampfen. Falls wir auf unserer Charteryacht keinen Fleischwolf oder Kartoffelstampfer finden, nehmen wir in einem unbeobachteten Augenblick eine Flasche zum Stampfen. Besonders stilvoll eignet sich hierzu natürlich eine Rumflasche!
Nun noch großzügig mit den Gewürzen abschmecken, auf tiefe Teller verteilen, den Fisch dazulegen und an den Steuerbord-Tellerrand das Grünzeug und an den Backbord-Tellerrand das Rotzeug legen. Jetzt noch alles mit einem Spiegelei abdecken, damit man nichts mehr davon sieht, und servieren!
Guten Appetit, viel Spaß beim Nachkochen und keine Angst, man kann dabei nicht viel falsch machen.
Gerhard Zaloudek im Dezember 2005
Zutaten
für 4 ausgewachsene Sealords
- 1 Hiev Kartoffeln, ca. 1,5 kg oder 16 Stück
- 0,8–1 kg Cornedbeef
- 6–8 Zwiebeln
- 6–8 Knoblauchzehen
- Salz und Pfeffer
- sonstige vorhandene Gewürze,
je nach Geschmack
- 4 eingelegte Heringe (Matjes, Salz-, Brat-, Bismarckhering)
- 8 Eier
- Grünzeug (Gurke, Peperoni, etc.)
- Rotzeug (Rote Bete, Tomaten, etc.)
- Milch
- Sahne und/oder Butter